Katrina Wenger

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Katrina Wenger
KATRINA WENGER
MITARBEITERPORTRAIT

«Manchmal staune ich selber über meine Energie.»

Dezember 2020 / Interview und Text: Anna Maier / Fotos: Lukas Schnurrenberger

Sie ist eine Frau, die nicht lange rumfackelt, sondern anpackt und verändert, was verändert werden muss. Mit dieser Macher-Mentalität hat sich Katrina Wenger in der bis heute männerdominierten Autobranche Respekt verschafft.

Es begann alles mit einem Abfallcontainer. Diesen liess Katrina Wenger unter dem Fenster ihres Büros platzieren, als sie 2004 bei der damaligen Titan Garage zu arbeiten begann. «Ich mag mich erinnern, dass mein Büro ein Chaos war. Fast jede Schublade war vollgestopft mit Papier. So bestellte ich einen Container und schmiss da alles rein, was mir nicht wichtig erschien. Ich erinnere mich, dass CEO Marco C. Grava plötzlich reinkam und erschrocken ausrief: «Bist du sicher, dass wir das alles nicht mehr brauchen?»

Diese kleine Anekdote zu Beginn unseres Gesprächs ist typisch für Wenger. Sie fällt auf. Nicht nur durch entschlossenes Handeln, sondern durch ihr ganzes Wesen. Dieses Strahlen im Gesicht, dieses Lachen, diese Energie! Wenn Katrina Wenger mit strammem Schritt einen Raum betritt, geschieht dies nie unbemerkt. Die natürliche Autorität, gepaart mit einem gewinnenden Charme sind das Markenzeichen der 50-Jährigen.

«Ich kenne keine andere Person, welche auch in der grössten Stresssituation so freundlich bleibt und ihr unverkennbares Lachen nicht verliert. Wie sie das schafft, weiss ich nicht, aber da muss sie irgendwo eine unbekannte Energiequelle anzapfen», sagen langjährige Weggefährten über Wenger. Und zwar alle, mit denen ich über die erste Frau in der Unternehmensleitung der Binelli Group gesprochen habe.

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Katrina Wenger

«Stillsitzen war nie mein Ding.»

Sie lacht erstmal. «Manchmal staune ich selber über meine Energie, aber die war immer schon im Überfluss vorhanden. Es gibt dazu ein lustiges Foto aus meiner frühesten Kindheit, als ich mit meinen ersten Zähnchen die gesamte Umrandung meines hölzernen Gitterbettchens abgefräst hatte. Auch auf alten Familienvideos bin ich ständig in Bewegung – nein, stillsitzen war nie mein Ding.»

Liegt wohl in der Familie. Ihre Mutter, eine Finnin, wanderte als Jugendliche mit ihrer Familie nach Australien aus, wo sie als erwachsene Frau Katrinas Vater, einen Schweizer, kennenlernte, der anfangs 20 mit dem Schiff nach Down Under schipperte. Man verliebte sich, heiratete, bekam zwei Töchter und entschied, fortan in der Schweiz zu leben. Der Rückweg war wie der Hinweg: Per Schiff. Wochenlang auf hoher See mit Kind und Kegel und Hab und Gut: «Wir hatten damals nicht viel.»

Es war eine Zeit, in der die Schweizer Nachbarn im Kanton Basel-Landschaft sich mit unverhohlener Neugierde fragten, was denn da nun für Menschen aus dem fernen Land sich zu ihnen gesellen würden. In den 70er-Jahren gab es weder andere Australier im Dorf noch Bewohner, welche Englisch und kein Schweizerdeutsch sprachen. Klein Katrina, 4-jährig, weigerte sich, mit ihrer finnischen Grossmutter im Dorfladen einzukaufen, weil sie das Getuschel nicht mochte.

Schnell lernte sie den baselländischen Dialekt und schon bald sprach kaum einer mehr über das ferne Geburtsland des Mädchens mit dem blonden Pferdeschwanz. Katrina Wenger gliederte sich ein, war ein aufgewecktes Kind voll sprühender Lebensfreude. Mit sieben begann sie zu reiten, die Pferde und sie, das war eine besondere Verbindung. Am liebsten hätte sie einen ganzen Zoo ihr Eigen genannt (was sie als erwachsene Frau dann auch umsetzte mit zwei Pferden, drei Hunden und zwei Katzen).

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Katrina Wenger

«Als junge Frau im Management unterschätzte man mich häufig.»

Wir spulen zwei Jahrzehnte vor. Katrina Wenger, 27 Jahre alt, mittlerweile mit viel Fleiss und Biss im Management eines Schweizer Unternehmens angelangt, welches eine Monopolstellung in der Lackproduktion innehatte. Die Uhrenindustrie wurde beliefert, die Brillenindustrie, die Autobranche. Wenger reiste mit dem Verkaufsleiter um die Welt und «machte aus dem eher langweiligen Produkt Lack eine Sichtbarkeit. Wir hatten immer die verrücktesten Stände auf den viel beachteten Messen, waren super erfolgreich.»

Lief stets alles geradlinig und geschmiert? «Nein, natürlich nicht. Es ist nicht immer einfach gewesen, meine vielen Ideen durchzusetzen. Ich war jung, mit langen blonden Haaren und die Leute fragten sich: «Kann die etwas?» Aber irgendwann legte ich meine Unsicherheiten zur Seite und meistens war es auch kein Thema mehr, wenn die Leute mich kannten. Aber ja, ich hatte als junge Frau im Management das Gefühl, ich müsste mich mehr anstrengen. Man unterschätzte mich häufig, aber die Menschen, die ich überzeugen wollte, schaffte ich auch zu überzeugen.»

Es erstaunt nicht. Diese umtriebige Frau hat das Unternehmer-Gen, welches ihr in die Wiege gelegt worden sein muss. Schon Wengers Mutter und Grossmutter waren selbständige Unternehmerinnen, ebenso ihre Schwester, welche in Australien erfolgreich ein eigenes Blumengeschäft betreibt.

Man spürt es deutlich: Wenger setzt sich ein mit ihrem ganzen Wesen. Halbe Sachen gibt es bei ihr nicht. Wenn sie ein Ziel vor Augen hat, dann geht sie unerschrocken und geradlinig darauf los. «Ich weiss, dass ich mit meiner Art, Dinge anzugehen und umzusetzen – lieber heute als Morgen – gewisse Menschen manchmal überfordere.»

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«Wir Menschen funktionieren ganzheitlich, private Sorgen können nicht einfach unterdrückt werden.»

Und doch: Sie fordert nicht von oben herab, wie dies in manchen hierarchisch geführten Unternehmen üblich ist, sondern packt mit an. Und fördert lieber, setzt Mitarbeiter gezielt ein, wo diese stark sind. Mit einem feinen Sensorium, Gold wert für ihre Zusatzfunktion als Leiterin Personalentwicklung. Sie merkt, wenn jemand belastet ist, ob im Betrieb oder privat, spricht dies an und lässt dies auch zu. «Wir Menschen funktionieren ganzheitlich. Man kann private Sorgen nicht einfach unterdrücken.»

Sie kennt solche Zeiten selber. Als sie 20 ist, erkrankt ihre Mutter. «Es war eine schlimme Zeit. Sie hatte einen Tumor im Kopf und vor der OP haben wir uns alle von ihr verabschiedet, weil wir nicht wussten, ob sie überlebt.» Zehn Jahre später der nächste Schock: Bei Wengers Mutter wird nochmals ein Tumor diagnostiziert, im Kopf, an der Hauptschlagader. Sie überlebt auch die erneute Behandlung, aber bricht in Folge ihre Zelte in der Schweiz ab.

«Die Krankheit war wohl der ausschlaggebende Grund, dass meine Eltern zurück nach Australien zogen. Sie waren damals kurz vor 60 und wollten die verbleibende Zeit zusammen geniessen. Meine Mutter hat den Tumor immer noch, aber er ist nicht mehr grösser geworden und sie hat gelernt, damit zu leben. Ich glaube, sie hätte nicht überlebt, wenn sie nicht so wäre, wie sie ist.» Wengers Mutter, welche stets Positivität verbreitete, war das, was man heute wohl als «Powerfrau» bezeichnen würde.

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«Ich merkte, dass ich ruhiger werden muss.»

Das Prädikat würde auch auf Katrina Wenger zutreffen. Diese Power, sie scheint in ihren Genen zu liegen. Doch auch sie, welche über unerschöpfliche Energie zu verfügen scheint, kennt Momente des Innehaltens und Reflektierens. «Kontrolle abgeben war ein Thema für mich. Und ich merkte, dass ich ruhiger werden muss. Nicht nur für meine Mitmenschen, sondern auch für mich. Mir war es früher nicht bewusst, dass zielorientiertes Vorwärtstreiben für andere, aber auch für mich selbst, eine Überforderung sein kann.»

Es war ein Zeitpunkt, an dem kein Stein auf dem andern blieb. Ihre Familie war zurück nach Australien gezogen, eine Beziehung ging gerade auseinander und Wenger fragte sich, ob sie auch jobmässig eine Veränderung brauchen könnte. Ein Coach bestätigte ihr zwar, dass sie im Marketing durchaus im richtigen Beruf sei. Aber sie hätte auch Fähigkeiten im seelsorgerischen Bereich, zum Beispiel als Pfarrerin.

Neugierig gegenüber Neuem machte sich Wenger Gedanken: «Natürlich hätte es auch ein spannender Weg sein können und ich fragte mich sogar, ob dieser die willkommene Herausforderung sein könnte. Aber am selben Tag erhielt ich die Zusage für einen Marketing-Job in der Autobranche. Und ich merkte für mich, dass ich hier wohl mehr verändern konnte, als wenn ich mit 30 nochmals ganz neu anfangen würde.»

Und so startete sie 2004 ihre Karriere bei der damaligen Titan Garage, welche heute in die Binelli Group integriert ist. Mit einem Abfallcontainer vor dem Bürofenster. CEO Marco C. Grava sah sofort das Potential der damals 30-Jährigen: «Katrina Wenger war für mich ein riesen Gewinn», sagt Grava heute, wenn er an diese Zeit zurückdenkt. «Sie verstand es, mich zu bändigen oder auch mal zu bremsen, wenn ich zu fordernd gegenüber Mitarbeitern war. Sie war meine Stütze im Unternehmen und meine Vertrauensperson.»

Entsprechend traf es ihn, als sie sich mit 40 als Unternehmerin verwirklichen wollte: «Obwohl ich ihren Wunsch nach beruflicher Weiterentwicklung nachvollziehen konnte, war es für mich ein harter Schlag, als sie kündigte. Ich hatte es nicht kommen sehen. Aber in den sieben Jahren, in denen sie selbständig war, blieben wir in Kontakt. Und als die vier Autohäuser zur Binelli Group fusionierten, wusste ich, dass ich sie in der Unternehmensleitung brauchen konnte, um die Gruppe weiterzubringen.»

Sie habe eine hohe Sozial- und Führungskompetenz, sei dossiersicher und eine Bereicherung für die männerdominierte Autobranche, hört man über sie. Soviel des Lobes: Wer sich mit ihrem Lebenslauf beschäftigt, fragt sich unweigerlich, ob Katrina Wenger eine Ausnahmeerscheinung ist.

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«Wer Erfolg haben will, darf sich nicht zu schade sein für gewisse Arbeiten.»

Was rät sie jungen Frauen, welche sich ihren Erfolg zum Vorbild nehmen? «Man darf sich nicht zu schade sein für gewisse Arbeiten. Was ich immer wieder merke ist, dass junge Frauen am liebsten grad oben einsteigen möchten. Aber das funktioniert nicht, und schon gar nicht von heute auf Morgen. Auch ich musste mir alles in vielen Jahren erarbeiten. Packt an, teilt euch mit, und vor allem: getraut euch.»

Sich mutig auf den Weg machen. Auch dieser Charakterzug scheint Katrina Wenger von ihren Eltern mitgegeben worden zu sein. Von klein auf probierte sie Neues aus: Auch wenn nicht klar war, was auf sie warten würde, wusste sie, dass jeder Schritt sie um eine Erfahrung reicher machen und eine Lektion fürs Leben mitgeben würde.

Da war zum Beispiel die Zeit als Au-pair-Mädchen in der französischsprachigen Schweiz: «Ich war 16, betreute zwei Kinder, führte den Haushalt für neun Personen und half in der Gärtnerei der Gastfamilie mit. Wenn ich jeweils die Treppe putzte, schauten mich die vorbeigehenden Leute von oben herab an. Dieses Gefühl zu erleben, das prägt.»

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Anna Maier
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Katrina Wenger

«Ich habe gelernt, dass man sehr eingeschränkt leben kann, wenn man muss.»

Da war aber auch die Rucksackreise durch Thailand und Australien als junge Frau mit ihrem damaligen Freund. «Nach ein paar Monaten hatten wir kein Geld mehr und mein Stolz verbot es mir, meine Eltern anzupumpen. Wir haben uns nur noch von Ananas-Büchsen ernährt. Unsere Schlafsäcke waren nass, weil es ständig geregnet hat. Wir wussten, dass wir jetzt so noch ein paar Wochen durchhalten mussten. Ich habe damals gelernt, dass man auch sehr eingeschränkt leben kann, wenn man muss. Und dass es für alles eine Lösung gibt.»

Und da waren die Erkrankungen ihrer Mutter und ihrer Grossmutter, welche an Darmkrebs starb: «Ich habe viele Krankheiten in meiner Familie und meinen Genen. Je älter ich werde, desto mehr denke ich darüber nach. Krankheit oder Tod können jederzeit vor der Türe stehen. Und das Schicksal kann uns alle überraschend treffen.»

Katrina Wenger ist eine Person, die einiges erlebt hat und trotzdem viel Wärme und Positivität ausstrahlt mit einem herzlichen Lachen, welches ansteckend wirkt. Da scheint jemand seine innere Balance gefunden zu haben. Der Eindruck täuscht nicht: «Ich bin zufrieden und dankbar mit meinem Leben, mir fehlt nichts. Ich brauche keine Villa und kein Ferienhaus. Mir ist das persönliche Umfeld sehr wichtig, daraus schöpfe ich Energie: mein Partner, meine Familie, gute Freunde, Zeit haben.»

Zeit haben? Irgendwie kann man sich kaum vorstellen, dass die umtriebige Katrina Wenger neben ihrer intensiven Karriere noch Zeit hat für anderes. Aber auch bezüglich ihrer spärlichen Freizeit hat sie den Dreh raus. Sie hält sich dafür bewusst Platz frei in ihrer Agenda: «Der Stall, jeweils morgens um 5 Uhr, und der Spaziergang mit den Hunden über Mittag waren fix eingetragen. Wenn ich energetisch geladen war, war es das Pferd auch. Ich habe unglaublich viel von den Tieren gelernt. Bei der Sache zu sein und alles andere loszulassen, auch im Kopf, denn sonst hat dein Tier keine Freude an dir.»

Loslassen, sich von Überflüssigem trennen, damit begann – wir erinnern uns – auch Wengers Karriere bei der Binelli Group. Die Frau mit dem Container vor dem Fenster hat sich mit Fleiss, Einsatz und Willen innerhalb eines Jahrzehnts in die Unternehmensleitung katapultiert. Und sich mit ihrem Drive viel Respekt eingefahren in einer Branche, in der Frauen noch nicht so häufig am Steuer sitzen.

Katrina Wenger

Katrina Wenger, 50

CMO, Leiterin Personalentewicklung und Mitglied Unternehmungsleitung.

 

Welches Auto passt am besten zu deinem Charakter?

«Das BMW 4er Coupé. Weil es Drive und Kraft hat sowie Freiheit ausstrahlt.»

Marco C. Grava

Marco C. Grava

«Die Binelli Group ist wie eine Familie für mich.»
 

Guido Hüppi

Guido Hüppi

«Jeder geht für jeden durchs Feuer.»
 

Melanie Spieler

Melanie Spieler

«Heute ist ein Auto ein Computer auf vier Rädern.»

Betarice Tremp

Bea Tremp

«Ich sagte mir: Das überstehst du. Und es war dann auch so.»
 

Bruno Grossmann

Bruno Grossmann

«Ich hinterfrage ständig alle und alles.»

 

Adrian Divjak

Adrian Divjak

«Wenn das Team nicht passt, ist auch der coolste Betrieb nicht wirklich cool.»