
«Heute ist ein Auto ein Computer auf vier Rädern.»
Dezember 2020 / Interview und Text: Anna Maier / Fotos: Jean-Pierre Ritler
Fluch und Segen: Melanie Spieler ist pingelig. Wenn ein Auto in ihre Hände gerät, dann entgeht ihr nichts. Damit ist sie zur umsatzstärksten Automechanikerin der Binelli Group geworden. Manchmal aber leidet sie unter ihrer Detailverliebtheit.
Der Spruch «klein, aber oho!» passt wie die Faust aufs Auge zu Melanie Spieler. 152 Zentimeter klein, aber die Grösste unter den Automechaniker(inne)n der Binelli Group Zug, was den Umsatz anbelangt. Sie hört es nicht gerne, mag es nicht, im Mittelpunkt zu stehen, sondern meint dazu lediglich: «Ich mache nur meinen Job. Meine Kollegen witzeln manchmal: Wenn du beim Strassenverkehrsamt arbeiten würdest, würde kein Auto durchkommen. Aber ich bin der Meinung, wenn ein Kunde sein Auto in den Service bringt, hat er ein Anrecht darauf zu wissen, was damit nicht stimmt.»
Sobald das Auto auf ihrem Lift ist, heisst es für Melanie Spieler: Hinsehen, scannen. «Gerade diese Woche sagte mir ein Lehrling: Melanie, jetzt weiss ich, warum dein Umsatz so hoch ist, du schaust das Auto zu genau an. Aber ich kann einfach nicht anders. Ich sehe da etwas und dort.» Sie verwirft die Hände. Im Wissen, dass ihre Genauigkeit nicht jedem Kunden Freude bereitet: «Gewissen Lenkern ist es egal, wenn an ihrem Wagen etwas kaputt ist oder nicht richtig funktioniert. Dann denke ich manchmal, dass ich zu genau bin oder zu pingelig.»
Aber so war sie schon immer. «Wenn ich etwas mache, dann ziehe es durch und setze mich übermässig ein. Ich will alles verstehen, das ist für mich eine Notwendigkeit. Manche würden wohl sagen, dass ich zu verbohrt bin. Vermutlich haben sie recht.»